Erfolgsfaktoren und Empfehlungen für Präventionsprojekte in Gemeinden

Die grosse Mehrheit der Schweizer Gemeinden hat weniger als 5000 Einwohnerinnen und Einwohner. Das macht sie zu einem idealen Umfeld für Präventionsprojekte: Ihre Strukturen sind gut fassbar, die Lebenswelten ihrer Einwohnerinnen und Einwohner sind bekannt, soziale Netzwerke sind überblickbar. Mit gut geplanten und sorgfältig umgesetzten Präventionsprojekten können Gemeinden eine grosse Wirkung erzielen für das Wohlbefinden und die Gesundheit ihrer Bevölkerung.

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Präventionsprojekte in Gemeinden: Gut vorbereitet zum Erfolg

Als Bezugsrahmen für die Planung und Umsetzung von Präventionsprojekten in Gemeinden eignet sich der Setting-Ansatz.

Settings sind Lebenswelten, in denen Menschen wohnen, lernen, arbeiten und gemeinsam in verschiedenster Weise aktiv sind. Zum Beispiel in der Schule, im Verein oder Quartiertreff, auf dem Spielplatz oder in einem Betrieb. Auch Gemeinden gelten als Settings.

Der Setting-Ansatz umfasst folgende Aspekte:

  • Einen möglichst hohen Grad an Partizipation: relevante Akteurinnen und Akteure einbeziehen und beteiligen (Zielgruppen, Politik, Fachstellen).
  • Die Entwicklung von integrierten Konzepten: gleichzeitig verschiedene Themen (Tabak, Alkohol, Vandalismus, Littering etc.) und Zielgruppen berücksichtigen.
  • Massnahmen entwickeln, die sowohl auf das Verhalten der Individuen (Verhaltensebene) wie auf die Lebensbedingungen (Verhältnisebene) der Zielgruppen ausgerichtet sind.

Der Erfolg von gemeindeorientierten Präventionsprojekten hängt von folgenden vier Qualitätsbereichen ab:

  1. Umsichtige Planung unter Berücksichtigung aller Anspruchsgruppen
  2. Unterstützende Strukturen inkl. Einbindung der Politik
  3. Integrative Prozesse inkl. systematische Projektkommunikation
  4. Klare Zielsetzung und Ergebnisorientierung unter Berücksichtigung der adressierten Zielgruppen und Settings

Qualitätsbereich A – Umsichtige Planung

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Eine Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Präventionsprojekt im Setting Gemeinde besteht in einer umsichtigen Planung.

  • Stützen Sie sich auf erprobte und evaluierte Projekte ab und passen Sie diese an die Bedürfnisse Ihrer Gemeinde an.
  • Lernen Sie die Settings gut kennen, welche vom Projektvorhaben betroffen sein werden (z.B. Schulen, Freizeit- und Sportvereine, Begegnungszonen etc.). Nutzen Sie lokales Insiderwissen über die Zielgruppen sowie ihre Lebenswelten, Problemwahrnehmung und Bedürfnisse. Der Kontakt zu Schlüsselpersonen ist hierbei sehr wichtig.

  • Fassen Sie den thematischen Rahmen Ihres Projekts weit, statt ein bestimmtes Problemfeld (z.B. Alkohol oder Vandalismus) isoliert anzupacken. Beispiel Suchtprävention bei Jugendlichen: Gleichzeitig verschiedene Substanzen berücksichtigen (Tabak/E-Zigaretten, Alkohol, Cannabis) und die Massnahmen themenübergreifend angehen. Eine Zielgruppe verhält sich oft unabhängig von einem spezifischen Thema problematisch.

  • Legen Sie den Fokus auf die strukturellen Rahmenbedingungen in Ihrer Gemeinde (z.B. guter Jugendschutz, sichere Begegnungszonen, klare Verantwortlichkeiten). Verknüpfen Sie dies mit Massnahmen, die einen positiven Effekt haben auf das Verhalten der Zielgruppen (z.B. mit einem Schulprogramm zum Thema Substanzen, Gewalt und Umgang mit Hass im Internet).

  • Besonders wichtig: Stellen Sie sicher, dass für das geplante Präventionsprojekt die notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen zur Verfügung stehen.

Qualitätsbereich B – Unterstützende Strukturen

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Vernetzen Sie alle betroffenen Instanzen und Personengruppen (Politik, Schulen, Vereine, Elternschaft, Fachstellen) und binden Sie diese in das Vorhaben ein. Das ermöglicht eine passende Projektorganisation und schafft die nötige Verbindlichkeit.

  • Seien Sie darum bemüht, dass das geplante Präventionsprojekt auf die politische Agenda kommt. Ein politisches Commitment durch den Gemeinderat ist Bedingung für einen (langfristigen) politischen Support inkl. Sicherung der erforderlichen Ressourcen. Es bewährt sich, wenn eine Gemeinderätin oder ein Gemeinderat die Projektleitung wahrnimmt und dabei fachlich unterstützt wird.

  • Mobilisieren Sie Netzwerke, die in Ihrer Gemeinde bereits bestehen. Damit Netzwerke unterstützend sein können, muss die Zusammenarbeit wichtiger Instanzen überprüft und allenfalls neugestaltet werden. Zum Beispiel zwischen der Politik, Vertretungen aus Verwaltung, Schule, Polizei, Vereinen oder Elternschaft.

  • Die geplante Projektorganisation baut sinnvollerweise auf bestehenden Strukturen und Gremien auf (Arbeitsgruppen, Netzwerktreffen etc.), um Synergien zu nutzen. Prüfen Sie vor Projektbeginn, welche Akteurinnen und Akteure sich innerhalb der Gemeinde und darüber hinaus (z.B. regionale Fachstellen) zur Kooperation anbieten.

  • Der Projekterfolg ist abhängig von der Qualität der Projekt- und Kooperationsstrukturen. Klären Sie die Verantwortlichkeiten und regeln Sie die Zusammenarbeit verbindlich. Besonders wichtig ist eine erfahrene Projektleitung.

  • Es gibt im Bereich der gemeindebasierten Prävention eine Vielzahl von Programmen und Initiativen, die von Bund, Kantonen oder Nonprofit-Organisationen angeboten und unterstützt werden (vgl. #Städte_und_Gemeinden). Die Erfahrung zeigt, dass sich regionale und überregionale Kooperationen lohnen.

Qualitätsbereich C – Integrative Prozesse

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Eine verbindliche Prozessgestaltung ist Bedingung für den Projekterfolg.

  • Ein Schlüsselfaktor nimmt die Partizipation ein. Präventionsprojekte können ihre Wirkung nur entwickeln, wenn sie partizipativ konzipiert und umgesetzt werden. Beziehen Sie alle relevanten Akteurinnen und Akteure von Anfang bis Abschluss in Ihr Vorhaben ein. Dazu eignen sich "Runde Tische", sinnvoll zusammengesetzte Arbeitsgruppen oder Workshops. Machen Sie Betroffene zu Beteiligten!

  • Damit der Einbezug aller Anspruchsgruppen gut gelingt, braucht es ein klares Konzept für die Kommunikation der projektrelevanten Informationen. Klären Sie sorgfältig, wer wann worüber informiert sein muss und über welche Kanäle. Stellen Sie den Informationsfluss nachhaltig sicher.

  • Um die verschiedenen Anspruchsgruppen für Ihr Vorhaben zu gewinnen, braucht es überzeugende Argumente: Worin besteht der Nutzen für die adressierten Settings und Zielgruppen (Familie, Schule, Quartier, Sport und Freizeit)? Warum lohnt es sich, Zeit und Geld in bestimmte Massnahmen zu investieren?
  • Öffentlichkeits- und Medienarbeit hilft, Ihr Vorhaben in die Bevölkerung zu tragen, Massnahmen zu erklären und Erfolge aufzuzeigen. Gehen Sie frühzeitig auf lokale Medien zu (z.B. Lokal- und Quartierzeitungen, Lokalradio), machen Sie Ihr Projektvorhaben auf den Webseiten von Gemeinde, Schule, Jugendarbeit und weiteren Anspruchsgruppen bekannt. Berichten Sie auch über kleine Erfolge. Nutzen Sie für die Kommunikation auch Kanäle der Sozialen Medien.

  • Die Professionalität der Umsetzung des Projektes ist entscheidend. Sorgen Sie dafür, dass eine kontinuierliche fachliche Begleitung sichergestellt ist. Dies erfolgt üblicherweise durch eine lokale, regionale oder kantonale Fachstelle (Präventionsfachstelle, Kinder- und Jugendförderung etc.).

Qualitätsbereich D – Klare Zielsetzung und Ergebnisorientierung

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Die Ergebnisse gemeindebasierter Präventionsvorhaben zeigen sich einerseits in Form von Leistungen und Produkten (Outputs), z.B. durchgeführte Jugendschutzmassnahmen, Elternkurse oder Aufklärungsmaterial; andererseits in erwünschten Veränderungen bei den adressierten Zielgruppen (Outcomes), z.B. der Rückgang von Littering, Gewaltereignissen oder Substanzkonsum.

  • Für den Nachweis von Erfolg braucht es eine adäquate Ist-Analyse und eine klare, daraus abgeleitete Zielsetzung für Ihr Projekt.

  • Mit einer partizipativen Bedarfsanalyse unter Einbezug der Zielgruppe(n) und Schlüsselpersonen aus Politik, Schule, Elternschaft, Freizeit und Sport etc. müssen drei Fragen geklärt werden:
    1.) Welche Probleme sollen primär gelöst werden?
    2.) Was für korrespondierende Angebote bestehen bereits
    3.) Was für zusätzliche Angebote braucht es, damit die Problemlast abnimmt?
    Nähere Angaben und Tools zur Bedarfserhebung finden Sie unter www.bedarfserhebung.ch.

  • Je nach Themenstellung und Projektvorhaben kann eine (wissenschaftliche) Befragungen der Zielgruppen die Bedarfserhebung ergänzen.

  • Im Hinblick auf den Ergebnisnachweis: Leiten Sie aus den Ergebnissen der Bedarfserhebung überprüfbare Ziele für Massnahmen und Massnahmenpakete ab. Orientieren Sie sich bei der Zielformulierung am SMART-Prinzip: Spezifisch, Messbar, Anspruchsvoll, Realistisch, Terminiert.

  • Wissenschaft und Good Practice legen nahe, möglichst verschiedene, aufeinander abgestimmte Massnahmen zu planen, die strukturell verankert und auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sind. Dazu zählen zum Beispiel standardisierte Prozesse für die Früherkennung, wiederkehrende Schulungen von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren (Lehrpersonen, Eltern) oder dauerhafte Nutzungsangebote für die Zielgruppen.

Diese Angaben sind auch als Faltflyer erhältlich:
Faltflyer als PDF

Weitere Informationen
www.fhnw.ch/erfolgsfaktoren-praevention

Text
Martin Neuenschwander, Hochschule Luzern
Carlo Fabian, Fachhochschule Nordwestschweiz

Konzept und Gestaltung

Heyday

Illustrationen

Alice Kolb

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